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Digitaldruck verändert die europäische Laminatbodenindustrie - Mehr Flexibilität bei stabilen Qualitäten

12 Oktober 2017

„Wer das Laminat erfunden hat, kann es auch immer wieder neu erfinden“, lautet das selbstbewusste Motto der Akteure des EPLF – Verband der Europäischen Laminatbodenhersteller. In vier Jahrzehnten haben sie stets moderne Technologien und kreative Ideen kombiniert, um neue Laminatgenerationen zu entwickeln, die ihren Vorgängern jeweils deutlich überlegen waren. Nun erweist sich der Digitaldruck als wichtiger Innovationstreiber für die europäische Fußbodenindustrie und ihre Zulieferer.

Seit 1977 der erste Laminat-Bodenbelag von einem schwedischen Unternehmen entwickelt wurde, kamen die entscheidenden Innovations-Impulse immer wieder von europäischen Spezialisten. In vier Jahrzehnten haben sie vielfältige Erfahrungen gesammelt, die ihnen halfen, neue Wege zu beschreiten und die nachfolgende Produktgeneration stets ein Stück besser zu machen. Mehr als einmal hat der Einsatz innovativer Drucktechnologien die Laminatbodenentwicklung signifikant vorangebracht. 

Ende der 1980er Jahre wird in Deutschland und den Niederlanden der erste direktbeschichtete Laminatboden (DPL, Direct Pressure Laminate) eingeführt. Damit rücken die Laminatböden aus der Hochpreis-Nische heraus und werden zu erschwinglichen Produkten für Jedermann. Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis sichert dem europäischen Laminatboden einen weltweiten Siegeszug, der ebenso Grund dafür ist, dass sich immer mehr Hersteller mit dem Boden befassen und ihn weiterentwickeln können.

Ein entscheidender Qualitätssprung für die Oberflächenanmutung europäischer Laminatböden erfolgt um die 2000er Jahre durch die Entwicklung des Synchronporendrucks (EIR=Embossed in Register). Waren die DPL-Laminate in der Oberfläche noch relativ glatt, machen nun authentische Optik und fühlbare Haptik den sinnlichen Eindruck perfekt: Holzstrukturen und realistische V-Fugen erhöhen das Echtholzgefühl. Europäisches Laminat erobert damit den rustikalen Einrichtungsstil. Aber auch die immer populärer werdenden Fliesenoptiken lassen sich im Synchronporendruck nun noch überzeugender umsetzen. 

Nur einige Jahre darauf beginnt man, den indirekten Tiefdruck (d.h. Direktdruck) als schnelles Produktionsverfahren für den hochwertigen Mehrfarbendruck zu nutzen: Erstmals wird die dekorative Oberfläche im Vierfarbendruck direkt auf den HDF-Träger gebracht – ohne Dekorpapier. Das bringt den Dielen wärmere Oberflächen, einen geringeren elektrischen Oberflächenwiderstand und neue Authentizität in Optik und Haptik. Gleichzeitig können mit der innovativen Drucktechnologie nun Langdielen-Formate ohne Dekorwiederholung realisiert werden. Auf diesen großzügigen Dielen kommen die attraktiven Holzoptiken in ihren natürlichen Farben und Strukturen perfekt zur Geltung. Das bereichert die Kollektionen und erlaubt eine größere Gestaltungsvielfalt im Innenraumdesign.

Die digitale Revolution läuft auf Hochtouren

Aktuell erlebt die Fußbodenbranche einen weiteren Technologieschub: Die „digitale Revolution“ ist dabei, alle Dimensionen der Laminatentwicklung, -produktion und -vermarktung zu erfassen und dauerhaft zu verändern. Das stellt alle Akteure vor neue Herausforderungen, denn die Auswirkungen des Digitaldrucks gehen weit über die rein technische Umsetzung hinaus: Durch den möglichen Wechsel von zentraler zu dezentraler Druckproduktion können Ideen für neue Vertriebs- und Geschäftsmodelle entstehen. Dabei bleiben das Know-how und die Kompetenzen der Dekordrucker aus dem Tiefdruck jedoch weiterhin von entscheidender Bedeutung, denn durch dieses fundierte Wissen ist gewährleistet, dass auch digitale Dekor-Druckdateien den geforderten hohen Qualitätsansprüchen bei Druckbild und Farbwiedergabe gerecht werden.

Dekorwiederholung war gestern

Moderne Digitaldruckmaschinen sind hocheffiziente Produktionssysteme, deren Leistungsfähigkeit für immer mehr Anwendungen und Märkte interessant wird. Die Vorteile dieser Technologie sind bekannt: Beim Digitaldruck werden die Drucksysteme direkt vom Computer aus mit den nötigen Daten versorgt – ohne Umweg über unveränderbare Druckplatten oder Druckzylinder. Der digitale Datentransfer erhöht die Flexibilität im gesamten Fertigungsprozess der Laminatböden. Er bedeutet weniger Zylinderinvestitionen, reduzierte Rüstzeiten und minimierte Lagerkosten. Durch eine digitale Ausmusterung verkürzt sich die „Time-to-Market“-Spanne enorm. Der Digitaldruck erlaubt einen raschen Dekorwechsel, eine schnellere Reaktion auf Kundenwünsche und das zeitnahe Umsetzen neuer Dekorkonzepte – in individualisierter Massenproduktion wie in kleineren Losgrößen. 

Mit der Einführung des industriellen Digitaldrucks für die Laminatbodenproduktion setzen die europäischen Hersteller und ihre Zulieferer neue Maßstäbe. So lassen sich dank Digitaldruck erstmals sogenannte „Endless-Dekore“ für die Laminatindustrie herstellen. Gab bislang der Druckzylinderdurchmesser (üblicherweise 1.370 mm) die Rapportlänge vor, können nun Dekore mit übergroßen Rapporten bis zu 6.000 mm hergestellt werden, was viermal weniger Wiederholungen bedeutet – eine perfekte Lösung für die naturgetreue Dekoroptik großer und breiter Dielenformate. 

Mehr Produktvielfalt entsteht auch dadurch, dass die Formate frei wählbar sind und innerhalb der Kollektionen weitaus mehr Farbvarianten angeboten werden können. Das optische und haptische Erscheinungsbild der Oberflächen lässt sich zusätzlich durch 3D-strukturierte Oberflächen oder sogenannte gänzlich synchronisierte Poren variieren. Natürlich nutzen im Zuliefersegment auch die Profilhersteller längst die Vorteile der Digitaltechnologie beim Bedrucken unterschiedlicher Trägermaterialien wie Holz, Kunststoff oder Aluminium mit kundenspezifischen Dekoren. 

Unterschiedliche Konzepte führen zum Ziel

Seit Jahren arbeiten Dekordrucker, Maschinenbauer und Bodenhersteller mit unterschiedlichen Konzepten sehr intensiv an der Weiterentwicklung des industriellen Digitaldrucks für die Fußbodenindustrie. Eines ihrer Ziele lautet, in Zukunft die ganze Palette der Tiefdruck-Dekore auch digital abdecken zu können. Bei der Realisation digitaler Dekore setzen einige Unternehmen auf Farbpigmente, die auch im Tiefdruck Verwendung finden, um so die Nachstellbarkeit im klassischen Druckverfahren sicherzustellen und eventuellen „Metamerien“ vorzubeugen, also unterschiedlichen Farbwirkungen je nach den Lichtverhältnissen. Probleme bestehen beispielsweise noch in der Abbildung bestimmter Effektfarben wie Deckweiß, Gold, Perlmutt oder Glitter: Wegen ihrer größeren Pigmentplättchen können diese derzeit noch nicht auf Digitaldruckanlagen hergestellt werden. 

Bislang erreicht man beim Digitaldruck auf Papier einen vergleichsweise begrenzteren Farbraum, solange Standard-Dekorpapiere zum Einsatz kommen. Spezielle Inkjetpapiere erlauben zwar mehr Farben, sind jedoch deutlich teurer. Es gibt aber auch digitale Anlagen ohne Papiernutzung, bei denen die Tinten direkt auf vorbehandelte HDF-Platten gedruckt werden. Jede der Methoden hat ihre eigenen Herausforderungen und stellt die Entwickler immer wieder vor knifflige Aufgaben, die es mit Geduld und dem nötigen Sachverstand zu lösen gilt.

Grundsätzlich muss auch beim Digitaldruck die gute Imprägnierbarkeit der Dekorpapiere und -farben sichergestellt sein, schließlich soll das Laminatprodukt später alle Standardanforderungen erfüllen – in der Praxis noch immer eine anspruchsvolle Aufgabe. 

Integration in die Fertigungsprozesse

Maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Digitaldruckanlagen haben die Ausgaben für Druckköpfe und Spezialtinten. Bislang bestreiten die Druckköpfe rund ein Drittel der Kosten einer Digitaldruckanlage. Ebenso ausschlaggebend sind die erreichbare Druckgeschwindigkeit sowie die Zuverlässigkeit der Inspektionssysteme zur Echtzeit-Erkennung von Fehlern und deren Korrektur. Eine elementare Forderung lautet, dass digital bedruckte Dekorpapiere in der Wertschöpfungskette nahtlos zu verarbeiten sein müssen. Kann im digitalen Druckprozess z.B. weiterhin auf konventionellen Druckbasispapieren von Rolle zu Rolle gedruckt werden, lassen sich die nachfolgenden Produktionsschritte Imprägnierung und Verpressung genau wie beim herkömmlichen Tiefdruck durchführen. Die Anlage sollte außerdem einen problemlosen Wechsel zwischen den verschiedenen Druckverfahren erlauben, damit Folgeaufträge ohne viel Umrüstaufwand prozesssicher bearbeitet werden können. 

Neue Verfahren zur Strukturwiedergabe

Dreidimensionale Strukturen werden auch bei digital bedruckten Dekoren von zumeist im analogen Verfahren realisiert. Als eine Alternative zum klassischen Melamin-Beschichtungssystem wurde kürzlich ein neues, verpressbares UV-Lack-Beschichtungssystem entwickelt, das die bestehenden Pressbleche der Laminathersteller nutzt. Die digital bedruckten Trägerplatten werden mit einem nassen Lackfilm versehen und fahren direkt in eine Kurztaktpresse, wo ihnen die Pressbleche die gewünschte Struktur geben. Direkt nach dem Pressvorgang wird die Strukturoberfläche mit einem herkömmlichen UV-Strahler in kurzer Zeit vollständig ausgehärtet. Nach Abkühlung lassen sich die Platten sofort weiter verarbeiten. Die Entwickler verweisen darauf, dass die so erzeugten Oberflächen eine wärmere Haptik und bessere Geh- und Trittschalleigenschaften gegenüber herkömmlichen Melaminoberflächen aufweisen und dass sie sehr kratzfestig, abrieb- und chemikalienbeständig sind. 

Ein anderes, neu entwickeltes Konzept kombiniert den industriellen Digitaldruck der Dekore mit der digitalen Erzeugung dekorsynchroner Strukturen (d.h. EIR= Embossed in Register).Beim sogenannten Digital Lacquer Embossing (DLE) wird im Single-Pass-Digitaldruck ein transparentes Medium in eine nicht vollständig ausgehärtete UV-Lackschicht gedruckt. Die gewünschten Strukturen erzeugt man hierbei mit Hilfe physikalischer und chemischer Reaktionen. Auch diese 3D-Lackoberflächen erfüllen in ihrer Härte, Haftung und Kratzfestigkeit die bestehenden Qualitätsanforderungen an strukturierte Oberflächen.

Und was wird aus dem Tiefdruck?

Die Entwicklungen beim Einsatz von Digitaldruck in der Laminatbodenfertigung zeigen deutliche Fortschritte. Daher sind die Experten im EPLF überzeugt, dass diese Technologie die nahe Zukunft der Fußbodenbranche maßgeblich mitbestimmen wird. Ob der Digitaldruck das herkömmliche Tiefdruckverfahren irgendwann ganz verdrängt, scheint eher unwahrscheinlich. Beide Technologien können unterschiedliche Anforderungen und Absatzkanäle bedienen, daher werden sie absehbar eher parallel existieren. Offensichtlich ist, dass der Digitaldruck die Fähigkeiten des Druckens erweitert. Er hat daher das Potenzial, in der Laminatbranche nicht als bloßes Substitut der Tiefdrucktechnologie genutzt zu werden, sondern als innovative Basis für neue, zukunftsfähige Produktkonzepte. 
www.eplf.com

Abbildungen
Bildunterschriften

elnd1707_b1: 2015 startete die Interprint-Gruppe als erster Dekordrucker weltweit den industriellen Digitaldruck auf Dekorpapier. – Foto: Interprint

elnd1707_b2: Neben dem Druckverfahren auf Dekorpapier und Folie gibt es ebenso Anlagen zum digitalen Dekordruck direkt auf das Plattenmaterial. – Foto: Hymmen 

elnd1707_b3: Bei einer Single-Pass-Anlage werden die Digitaldruck-Tinten in nur einem Durchgang aufgebracht: Die exakte Kalibrierung der Druckköpfe sorgt beim Dekor für ein perfektes Druckergebnis. – Foto: Balterio, premium brand by UNILIN

elnd1707_b4: Im Digitaldruckverfahren können neue, kreative Designkonzepte verwirklicht werden, etwa Dekore mit einem optischen Materialmix. – Foto: Schattdecor

elnd1707_b5: Mit der Einführung des industriellen Digitaldrucks setzen die europäischen Laminathersteller neue Maßstäbe in der Fußbodenproduktion. – Foto: Classen

elnd1707_b6: Ein digitales Dekor mit besonderer Farbigkeit: Neue Vielseitigkeit in der Gestaltung von Laminat. – Foto: Parador 

elnd1707_b7: Spiel der Impressionen in digitaler Umsetzung: Traditionelle portugiesische Zementfliesen – Azulejos genannt, waren die Inspiration für dieses Dekor. – Foto: Surteco 

elnd1707_b8: Digital bedruckte Laminatböden für individuelles Design gibt es auch im Hochglanz-Look. – Foto: Kaindl

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Anne-Claude Martin
Pressereferentin
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