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Heiße Disco-Nächte lassen Laminatboden kalt - Praxistests zeigen: Tiefe Strukturen laufen sich nicht schneller ab als flache!

9 September 2016

Der Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller e.V. (EPLF) hat erfolgreich ein Forschungsvorhaben abgeschlossen, in dem vom IHD (Institut für Holztechnologie Dresden) neue objektive und differenzierende Prüfverfahren für die Abrieb- und Stoßfestigkeit sowie das Aufpolierverhalten von Laminatfußböden mit neuartigen tiefen und matten Oberflächenstrukturen entwickelt wurden. 

Was haben eine Diskothek in Schweden, eine Fabrikhalle in Belgien und eine Kantine in Deutschland gemeinsam? Alle drei und eine Anzahl weiterer stark frequentierter Flächen dienten als Versuchsobjekte für Praxistests mit Laminatböden neuester Generation. Der anhaltende Erfolg von Laminat basiert auf ständiger Innovation. Fast eine Milliarde Quadratmeter dieses Bodentyps werden pro Jahr in Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden auf der ganzen Welt eingebaut. Der Käufergeschmack wandelt sich ständig und technische Möglichkeiten entwickeln sich weiter. Kein Wunder also, dass Laminatböden des Jahrgangs 2016 andere Eigenschaften aufweisen als ihre Vorgänger vor 10 oder 20 Jahren. Damit müssen auch die Qualitätsmaßstäbe Schritt halten.

Innovative Oberflächen haben in den letzten Jahren ständig neue Akzente gesetzt. Bei dem hohen Anteil von Holzdekoren geht es um ein möglichst originalgetreues Adaptieren der natürlichen Vorbilder. Das betrifft nicht nur den Dekordruck, sondern auch die haptischen Strukturen. Manche Hölzer weisen tiefe Poren auf: Die tiefe Realpore als Identität von gedrucktem Porenbild und haptischer Struktur der Oberfläche bildet so etwas wie die Königsdisziplin der Laminatherstellung. Andere Holzarten zeichnen sich in der Verarbeitung durch samtig glatte Oberflächen aus, deren matt schimmernde Anmutung dem Hang zu elegant-naturnahem Wohnen entgegenkommt. Technisch sind diese Ansprüche lösbar, an den Märkten erfreuen sie sich zunehmender Beliebtheit. Die tägliche Nutzung verläuft einwandfrei, aber plötzlich zeigt sich, dass die Testverfahren der Laminatboden-Norm diesen neuartigen Oberflächen nicht mehr gerecht werden.

Dreh- und Angelpunkt für die Qualität von Laminatböden ist die EN 13329, deren Fortschreibung EN 13329:2016 in diesen Tagen veröffentlicht wurde. Hier sind die Spezifikationen, Anforderungen und Prüfverfahren für Laminatböden für die EU sowie Island, Mazedonien, Norwegen, Schweiz und Türkei definiert. Die normgerechte Prüfung der Abriebfestigkeit mittels Sandpapier nach dem Taber-Abraser-Verfahren führt bei den beliebten tiefen Strukturen zu deutlich niedrigeren Resultaten als für flache Strukturen. Das entspricht aber keinesfalls den positiven Erfahrungen mit diesen Böden in der Praxis. Dagegen werden bei ausgewählten matten Strukturen im täglichen Gebrauch bei intensiver Nutzung regelrechte „Gehstraßen“ sichtbar. Zur Prognose dieses Aufpolierens existiert in der Norm bisher kein Prüfverfahren. Und wenn man schon einmal dabei ist: Das in der Norm festgelegte Verfahren zum Untersuchen der Stoßfestigkeit mit „kleiner Kugel“ zeigt aufgrund der Konstruktion des Prüfgerätes immer wieder Mängel bei der Reproduzierbarkeit – eine weitere „Baustelle“.

Die Summe dieser Themen legte es nahe, durch eine Kombination von Laborforschung und Empirie neue Prüfverfahren zu entwickeln oder vorhandene Tests zu modifizieren. Deshalb regte der EPLF Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller e.V. ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie öffentlich gefördertes Forschungsprojekt an. Dieses wurde von Juni 2013 bis November 2015 vom Institut für Holztechnologie Dresden IHD unter der Leitung von Dr. Rico Emmler durchgeführt. Eine Ad-hoc-Gruppe des EPLF-Arbeitskreises Technik begleitete die Forschung aktiv. Jetzt liegt der technische Bericht vor.

Abrieb: Praxis schlägt Theorie

Das Ermitteln der Abriebbeständigkeit von Laminatböden stellt eines der Kernstücke der Qualitätsbestimmung nach EN 13329:2016 dar. Wörtlich zitiert: „Die Bewertung der Abriebbeständigkeit erfolgt durch Reiben der Sichtfläche der Prüfkörper mit einem festgelegten Schleifpapier, das über zwei belastete Räder aufgebracht wird.“ Der Probenhalter des Prüfgeräts dreht die Materialprobe um die vertikale Achse, wodurch die Reibräder zur Drehung um die horizontalen Achsen angeregt werden. Natürlich gehört zum Prüfgerät ein Zählwerk für die Anzahl der zurückgelegten Umdrehungen. Wenn Abriebspuren entstehen, so verlaufen diese in einem kreisförmigen Band mit einer Fläche von bis zu 30 cm². Maßstab der Bewertung ist der klar erkennbare Durchrieb des Dekordrucks. Der Prüfkörper ist in vier Quadranten unterteilt und der Anfangsabriebpunkt (IP = initial point) gilt als erreicht, wenn in mindestens drei Quadranten sichtbarer Durchrieb von in der Norm definierter Größe auftritt. Die IP-Mittelwerte von drei Prüfkörpern gemessen in Umdrehungen des Prüfvorgangs definieren die Abriebklassen AC 1 bis AC 6.

Der Vergleich zwischen Labor- und Feldversuchen mit „tiefen“ Strukturen zeigte, dass diese beim Norm-Prüfverfahren deutlich niedrigere Abriebklassen erreichen als ihre „Geschwister“ mit flacheren Strukturen – bei identischem Overlay, also der transparenten Nutzschicht an der Oberfläche. Dagegen steht die Erfahrung aus vielen Millionen Quadratmetern verlegter Böden, dass dieses in der Praxis nicht zutrifft. Ziel des ersten Projektteils war daher, das Prüfverfahren sachgerecht zu modifizieren, um in Feld und Labor zu kongruenten Ergebnissen zu kommen. Dazu waren die Abnutzungsprozesse bei tief strukturierten Böden im Feldversuch wie im Labor systematisch zu untersuchen. Projektbegleitend wählte die Ad-hoc-Gruppe des EPLF-Arbeitskreises Technik geeignete Materialien aus, diskutierte die Ergebnisse, führte Ringversuche zur Validierung des Prüfverfahrens durch und beschaffte Flächen für Feldversuche, die mit Personenzählern ausgestattet wurden: Eine Diskothek in Lund/Schweden mit 70.000 Begehungen/Jahr im Eingang, 60.000 im Barbereich und dem wohl interessantesten Testobjekt, nämlich der Tanzfläche. Weitere Versuchsfelder boten eine Kantine mit 400.000 Begehungen/Jahr und eine Treppe bei Firma Egger, ein schmaler Bürogang bei Firma Kaindl mit 60.000 Begehungen/Jahr, bei der Firma Unilin ein Gang in der Produktion mit 100.000 Begehungen/Jahr, bei Firma Classen zwei schmale Gänge mit je 250.000 Begehungen/Jahr und schließlich ein Flur im IHD mit 40.000 Begehungen/Jahr.

Bei der Tanzfläche konnte zwar die Personenfrequenz nicht erfasst werden, dafür stellten aber die Drehbelastungen und richtungsungebundenen Bewegungsabläufe eine interessante Besonderheit dar. Im Ergebnis war dieses die einzige Versuchsfläche, bei welcher Durchrieb sichtbar wurde. Zwischen den verlegten sechs tiefen Strukturen und der flachen Vergleichsstruktur gab es jedoch keine Unterschiede im Abriebverhalten. Das Gleiche zeigte sich in der stark beanspruchten Kantine. Resümierend lässt sich feststellen, dass die zweijährigen Feldversuche die deutlichen, strukturabhängigen Unterschiede bei den Ergebnissen der Abriebprüfung nach geltender Norm nicht widerspiegeln.

Zur Ursachenforschung für diese unterschiedlichen Ergebnisse wurden mikroskopische Untersuchungen und sogenannte Tastschnittmessungen herangezogen. Tastschnittmessungen sind Verfahren aus der Materialtechnik, bei denen die Rauheit von Oberflächen mechanisch oder berührungslos gemessen und überprüfbar dargestellt wird. Diese konkreten Messungen zeigten, dass bei den Laborverfahren entsprechend der Norm die Anfangsabriebpunkte regelmäßig an den steilen Flanken der Erhöhungen beginnen, nämlich dort, wo die Reibräder den höchsten Druck ausüben. Vermutlich ist dieser punktuelle Druck deutlich höher als eine mehr flächige Belastung durch Schuhsohlen. Es lag nahe zu versuchen, die Laborergebnisse über Variationen der Prüfparameter (Andruckkraft, Nutzungsdauer  und Abriebhärte der Prüfräder) an die Resultate des Feldversuchs anzunähern. 

Mehrere Ringversuche und laufende Vergleiche zwischen Feld und Labor zeigten jedoch, dass Variationen der Bewertungsparameter eleganter zum Ziel führen (Aufteilung der Probe, Größe der abgeriebenen Fläche). Die Prüfkörper werden nicht mehr in Quadranten unterteilt, sondern in Oktanten – acht an der Zahl, wie der Name sagt. Der Anfangspunkt der Abnutzung (IP) wird jetzt durch das deutlich erkennbare Freilegen der Unterschicht in sechs von acht Oktanten in unterschiedlicher Flächengröße definiert (in fünf Oktanten mindestens 1 mm² und im sechsten Oktant genau 1 mm²). Das IHD Dresden fasste diese sachgerechte Modifikation des Normverfahrens in seiner Werknorm IHD-W-479 „Bestimmung der Abriebfestigkeit von Laminatbodenbelägen“ zusammen.

Stoßfestigkeit: Auf die Schwerkraft ist Verlass

Das Ermitteln der Beständigkeit von Laminatfußböden gegen Stoßbeanspruchung dient zur Charakterisierung der Elastizität der Bodenoberfläche. Nach EN 13329:2016 gibt es die Prüfverfahren „kleine Kugel“ und „große Kugel“. Das bisherige Prüfverfahren mit der kleinen Kugel erfolgt mit einem Prüfgerät mit eingebauter Feder, die auf einen Stoßbolzen schlägt. Diese Apparatur weist konstruktiv bedingt Mängel bei der Reproduzierbarkeit auf und führt immer wieder zu Diskussionen zwischen Laboren.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde eine alternative Lösung zur Bewertung der Stoßfestigkeit von Laminatböden mit tief strukturierten Oberflächen nach dem Prinzip einer fallenden Masse entwickelt und erprobt. Tests wurden mit 14 Laminatvarianten sowohl aller Stoßklassen als auch aller Produkttypen (DPL, EPL, PDL und HPL) durchgeführt. Die beste Korrelation zwischen den Resultaten mit dem neu konstruierten Gerät zu den bisherigen Impact-Klassen ergab sich bei einem Gewicht des fallenden Stößels von 150 g und einem Kugeldurchmesser von 10 mm. Entsprechend war die Ableitung einer Klassifikation in 4 Klassen in Analogie zum jetzigen System möglich. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahren ist das Prüfgerät mechanisch anspruchsloser und die Kugel selbst kann ausgewechselt werden, um auf Verschleißvorgänge an der Berührungsfläche reagieren zu können. Im Ringversuch mit den Mitgliedern der Ad-hoc-Gruppe wurden die Entwicklungsresultate des IHD erfolgreich verifiziert. Das IHD Dresden fasste das neu entwickelte Verfahren in seiner Werknorm IHD-W-425 „Bestimmung der Stoßfestigkeit mit kleiner Kugel von Laminatbodenbelägen“ zusammen.

Aufpolieren: Gehstraßen unerwünscht

Für matte Oberflächen war ein neues Laborverfahren zu erarbeiten, das Aufpoliervorgänge beim Begehen prognostiziert und auf diese Art Reklamationen in der Praxis zu vermeiden hilft. Im Feldversuch erfassten Versuchspersonen in einem Korridorflur im IHD installierte neun Laminatboden-Flächen visuell und ordneten sie einer fünfstufigen Skala von 0 = keine Änderung bis 5 = sehr starke Änderung zu. Parallel untersuchte man die Flächen messtechnisch mit einem Reflektometer auf Glanzgradänderungen.

Mit Hilfe eines Martindale-Scheuerprüfgerätes unterzog man parallel die neun verschiedenen Laminatböden labortechnischen Versuchen. Es stellte sich heraus, dass mit diesem Gerät Glanzänderungen viel unkomplizierter und differenzierter als mit einem Prüfgerät zum Möbelfußverschieben nach EN 423 erzeugt und bewertet werden können. Die abgebildete Tabelle (Abbildung 6) zeigt aus der Versuchsreihe mit dem Martindale-Gerät bei unterschiedlichen Zyklenzahlen die Ergebnisse, bei denen sich eine sehr gute Korrelation zwischen den visuellen und messtechnischen Bewertungen ergab. Die optimalen Prüfparameter (Zyklenzahl 320, 6N Belastung, Poliermaterial SB 7448+) wurden daraufhin in einem Ringversuch mit sieben EPLF-Mitgliedern validiert. Die Umsetzung der Forschungsergebnisse hat das IHD Dresden in der Werknorm IHD-W-475 „Bestimmung der Beständigkeit gegen das Aufpolieren bei Laminatfußböden“ vorgenommen. Darauf aufbauend wird vorgeschlagen, eine Klassifikation der Prüfergebnisse ähnlich der Mikrokratzfestigkeit nach EN 16094 zu entwickeln. Ebenso ist anzustreben, das im Rahmen des Projekts entwickelte Prüfverfahren zum Aufpolierverhalten als drittes Verfahren in die EN 16094 zu integrieren.

Eberhard Herrmann (Firma Egger), Obmann des Arbeitskreis Technik des EPLF, kommentiert die Ergebnisse des technischen Berichts zum gemeinsamen Forschungsprojekt von EPLF und IHD: „Vor einigen Jahren hat sich unser Verband den Slogan ‚Quality and Innovation made in Europe‘ gegeben. Dieses Projekt zeigt besonders deutlich, dass Qualität und Innovation ein Tandem sind. Es geht uns nicht darum, auf jeder Trendwelle zu surfen. Unsere Kunden sollen sicher sein, ebenso aktuelle wie seriöse Produkte zu erhalten, deren Einsatzmöglichkeiten geprüft und transparent sind. Das Engagement unserer Mitglieder in der Ad-hoc-Gruppe und bei den Ringversuchen bestätigt den Konsens der führenden europäischen Laminatfußbodenhersteller.“ Alle Werknormen können beim IHD angefragt werden, sie werden kostenfrei per Email versandt (www.ihd-dresden.de).

Bildunterschriften:

elnd1606_b1: Für das bisherige Prüfverfahren zur Stoßbeständigkeit mit der kleinen Kugel wird ein Prüfgerät mit eingebauter Feder eingesetzt, die auf einen Stoßbolzen schlägt. Diese Apparatur erfordert einen regelmäßigen Aufwand an Kalibrierung und macht die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse relativ schwierig. (Quelle: EN 438-2:2016)

elnd1606_b02: Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde eine alternative Lösung zur Bewertung der Stoßfestigkeit von Laminatböden nach dem Prinzip einer fallenden Masse entwickelt und erprobt. Das neue Prüfgerät ist mechanisch anspruchsloser und die Kugel selbst kann ausgewechselt werden, um auf Verschleißvorgänge an der Berührungsfläche reagieren zu können. (Zeichnung: IHD)

elnd1606_b03: Unter Nutzung eines Martindale-Scheuerprüfgerätes unterzog man neun verschiedene Laminatböden mit matten Oberflächen labortechnischen Versuchen. Es stellte sich heraus, dass mit dem Martindale-Gerät Glanzänderungen viel unkomplizierter und differenzierter als mit einem Prüfgerät zum Möbelfußverschieben nach EN 423 erzeugt und bewertet werden können. (Foto: IHD)

elnd1606_b04: Die Tabelle zeigt von den Labor-Versuchsreihen mit dem Martindale-Gerät diejenigen Ergebnisse mit spezifischen Poliermaterialien und Kräften (fünf Spalten links), bei denen sich eine sehr gute Korrelation zu den visuellen (drei Spalten rechts) und den messtechnischen Bewertungen (drei Spalten Mitte) auf der Versuchsstrecke ergab. (Tabelle: IHD)

elnd1606_b5: Eberhard Herrmann, Obmann des EPLF-Arbeitskreises Technik: „Dieses Projekt zeigt besonders deutlich, dass Qualität und Innovation ein Tandem sind. Es geht uns nicht darum, auf jeder Trendwelle zu surfen. Unsere Kunden sollen sicher sein, ebenso aktuelle wie seriöse Produkte zu erhalten, deren Einsatzmöglichkeiten geprüft und transparent sind.“
(Foto: EPLF)

elnd1606_b6: Praxistests zeigen: Tiefe Strukturen laufen sich nicht schneller ab als flache! – Foto: Swiss Krono Deutschland

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Anne-Claude Martin
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